Ein eingedellter Apfel, trockenes Brot oder ein Joghurt, auf dem das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) abgelaufen ist – oft landen diese Lebensmittel im Müll, obwohl sie noch genießbar waren. Auf das Jahr gesehen wirft jede:r Deutsche im Durchschnitt 75 kg Lebensmittel weg.
Von den jährlich insgesamt 12 Mio. Tonnen Lebensmittelabfällen sind Privathaushalte mit 6 Mio. Tonnen (52 %) damit die Verursacher Nummer eins in puncto Lebensmittelverschwendung. Darauf folgen der Sektor der Verarbeitung von Lebensmitteln mit 2,2 Mio. Tonnen (18 %), die Außer-Haus-Verpflegung mit 1,7 Mio. Tonnen (14 %), die Primärproduktion mit 1,4 Mio. Tonnen (12 %) und der Groß- und Einzelhandel mit 0,5 Mio. Tonnen (4 %).[1]
Die weltweite Lebensmittelverschwendung beläuft sich nach Schätzungen der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) sogar auf rund 1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel pro Jahr.[2]
Mit einem genaueren Blick auf die Privathaushalte in Deutschland wird deutlich, was am häufigsten in der Tonne landet:
- 35 % frisches Obst und Gemüse
- 15 % Zubereitetes
- 13 % Brot und Backwaren
- 12 % Getränke
- 9 % Milchprodukte
- 6 % Fertigprodukte
- 7 % Sonstiges
- 4 % Wurst, Fleisch, Fisch[3]
Das Problem? Lebensmittelverschwendung belastet die Umwelt
Das weitreichende Problem der Lebensmittelverschwendung und ihrer Belastung für die Umwelt lässt sich vor allem dann erkennen, wenn man einen Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette der Lebensmittelproduktion wirft. Denn schätzungsweise 30 % der weltweiten Treibhausgase hängen mit der Ernährung zusammen, durch u. a. Lebensmittelerzeugung, -verarbeitung und -transport. Dabei entstehen klimaschädliche Gase, wie CO2 oder Methangase.
Aber auch der Wasserverbrauch zur Lebensmittelherstellung ist ein wichtiger Faktor. Erinnern wir uns an den eingedellten Apfel zu Beginn dieses Textes: Zur Produktion von einem Kilo Äpfel sind ca. 900 Liter Wasser nötig, was etwa 7 Badewannen entspricht. Die Erzeugung von 1 kg Rindfleisch benötigt sogar 15.400 Liter Wasser – das sind 110 Badewannen voll.[4] Zusätzlich verstecken sich in unseren Lebensmitteln u. a. auch noch die benötigte Energie zur Produktion, die Arbeitskraft der Produzent:innen und der genutzte Ackerboden. Laut einer WWF-Studie werden 15 % der gesamten Ackeranbaufläche „umsonst“ angebaut, da die Agrarrohstoffe nach der Ernte im Laufe der weiteren Wertschöpfungskette entsorgt werden.[5]
Auch wenn man es dem Apfel, der Karotte oder der Tomate am Ende nicht ansieht: All diese Ressourcen veschwenden wir, wenn wir das Lebensmittel in den Abfall werfen. Im Jahr 2019 hat die Bundesregierung eine nationale Strategie zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung verabschiedet, damit sich alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette, vom Acker bis auf den Teller, diesem Ziel widmen. Auch auf internationaler Ebene rückt die Reduzierung der Lebensmittel in den Fokus. „Nachhaltiger Konsum“ ist als ein SDG-Ziel formuliert (Sustainable Development Goal), dem sich Deutschland als Mitglied der Vereinten Nationen verpflichtet hat.
Die Wertschätzung unserer Lebensmittel steigern
Eine derartig hohe Menge an Lebensmittelabfällen in Privathaushalten ist tatsächlich nicht nötig: 86 % der o. g. weggeworfenen Lebensmittel wären noch verwertbar gewesen.[6] Es benötigt also eine neue Art der Wertschätzung sowie einen anderen Umgang mit unserem Essen. Je jünger der Haushaltsvorstand übrigens, desto mehr potenziell verwertbare Lebensmittel werden weggeworfen.[7] Durch die zunehmende Verfügbarkeit und immer billigere Lebensmittel ist die Wertschätzung für unser Essen gesunken.
Das war in der Generation unserer Großeltern noch anders – gerade in der Kriegs- und Nachkriegszeit war Essen nicht im Überfluss vorhanden und extrem wertvoll. Mit viel Geschick wurde dafür gesorgt, dass möglichst jedes Stück Obst, Gemüse oder Fleisch verwertet, gegessen oder konserviert wurde. Von diesem Wissen können wir heute noch profitieren.
Hinzugekommen sind zudem viele innovative technologische und digitale Möglichkeiten, die die Konservierung aber auch die Verteilung der im Überfluss produzierten Lebensmittel erleichtern und sie für einen geringeren Preis zugängig machen oder uns mit wenigen Klicks zu kreativen Resterezepten oder Verarbeitungstechniken führen.
Einkaufen – Lagern – Zubereiten: Lebensmittelverschwendung einfach minimieren
5 Tipps: Einkauf
Hier beginnt oftmals die Lebensmittelverwendung. Denn kauft man zu viel ein, wirft man meist auch wieder zu viel weg. Was also tun?
- Vorräte-Check: Was ist noch vorhanden, was fehlt?
- Erstelle einen Speiseplan für die Woche!
- Schreibe eine Einkaufsliste!
- Kaufe nur das, was du wirklich benötigst. Lass dich im Supermarkt nicht von Rabatten oder Großpackungen locken.
- Nutze Reste-Apps: Über beispielsweise Too Good To Go oder Food Sharing werden überschüssige Lebensmittel umverteilt und können günstig bzw. kostenlos in Restaurants oder Geschäften abgeholt werden.
5 Tipps: Zubereitung
Mit einfachen Tricks können Lebensmittel in köstliche Speisen verwandelt oder haltbar gemacht werden.
- Experimentiere mit alten Küchentechniken, wie Fermentieren und Einkochen, um Gemüse und Obst haltbar machen.
- Nutze die ganze Pflanze. Versuche möglichst alle essbaren Teile der Pflanze zu verwerten, wie beispielsweise das Radieschen- oder Karottengrün.
- Friere ein, was du nicht aufessen kann. Speisereste und Vorgekochtes lassen sich so hervorrangend aufbewahren.
- Feiere eine Reste-Party und testet kreative Reste-Rezepte: Wie wäre es mit Apfelmus aus eingedellten Äpfeln oder Knödel aus altem Brot?!
- Bestelle im Restaurant eher maßvoll. Und schaffst du nicht alles, kannst du dir die Reste in einer „Doggy Bag“ einpacken lassen.
5 Tipps: Lagerung
Je besser die Lebensmittel gelagert sind, desto länger halten sie auch!
- Räume den Kühlschrank richtig ein. Achte hierbei auf die unterschiedlichen Temperaturzonen und auf die Hygiene.
- Folge dem FIFO-Prinzip: First in, first out. Stelle neue Produkte hinter die bereits gekauften, damit diese als erstes aufgebraucht werden.
- Schütze Brot vor dem Austrocknen durch die Lagerung in einem Brotkasten oder Tontopf mit Deckel.
- Nutze deine Sinne: Was laut MHD abgelaufen ist, muss noch längst nicht schlecht sein.
- Lagere Obst richtig: Regionale Früchte mögen es eher kühler, exotische Früchte bevorzugen die Raumtemperatur. Äpfel verströmen zudem das Reifegas Ethylen, lagere sie deswegen eher getrennt.
In unserem Podcast Küchengespräche sprechen Britta Klein und Felicitas Arndt vom Referat „Ernährung und Klima“ des Bundeszentrums für Ernährung BZfE über viele Details des Themas und geben weitere Tipps. Wichtig ist: Niemand wird über Nacht zum/r Expert:in – taste dich Schritt für Schritt ans Thema heran und finde heraus, welche Strategien du am besten in deinen Alltag integrieren kannst.
Die digitale Abschlussveranstaltung der Küchenpartie mit peb am 8. April 2022 widmet sich unter dem Titel „Oma knows best? Essen von morgen – zwischen Traditionen und Trends“ ebenso dem spannenden Themenfeld rund um Ernährung, Nachhaltigkeit und generationsübergreifendem Kochen. Weitere Infos sowie die Möglichkeit zur kostenfreien Anmeldung gibt es hier.
Weitere Projekt zum Thema:
Literaturangaben:
- [1] Schmidt T, Schneider F, Leverenz D, Hafner G (2019): Lebensmittelabfälle in Deutschland – Baseline 2015. Johann Heinrich von Thünen-Institut, Braunschweig, 79 p, Thünen Rep 71.
- [2] Food and Agriculture Organization of the United Nations FAO (2013): Food wastage Footprint. Impacts on natural ressources.
- [3] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL (2020): Zusammenfassung GfK-Erfassung des Lebensmittelabfalls der privaten Haushalte in Deutschland.
- [4] Heinrich-Böll-Stiftung (2021): Fleischatlas. Daten und Fakten über Tiere als Lebensmittel.
- [5] WWF Deutschland (Hrsg.) (2015): Das große Wegschmeißen. Vom Acker bis zum Verbraucher: Ausmaß und Umwelteffekte der Lebensmittelverschwendung in Deutschland.
- [6] Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft BMEL (2020): Zusammenfassung GfK-Erfassung des Lebensmittelabfalls der privaten Haushalte in Deutschland.
- [7] GfK SE (2017): Systematische Erfassung von Lebensmittelabfällen der privaten Haushalte in Deutschland, Schlussbericht zur Studie, durchgeführt für das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, S. 27.
Fotos 1,2,4, 5,6 unsplash.com (lizenzfrei), Foto 3: peb gGmbH.