Mmhhh, ist das lecker!
99 % der Deutschen sagen, dass es beim Essen vor allem auf den Geschmack ankommt.
Doch das, was wir mit der Zunge schmecken, ist nur ein kleiner Teil unserer gesamten Geschmackswahrnehmung. Ein umfassendes Geschmackserlebnis entsteht erst, wenn alle fünf Sinne zum Einsatz kommen. So tragen beispielsweise der Geruch und die Konsistenz eines Lebensmittels stark dazu bei, ob wir es mögen oder nicht.
Und Genuss wiederum ist mehr als guter Geschmack. Im Allgemeinen wird Genuss als eine positive Sinnesempfindung, die mit körperlichem und/oder geistigem Wohlbefinden verbunden ist, beschrieben.
Die Geschmackswahrnehmung kann durch Genussübungen trainiert werden. Hierfür ist es förderlich, den Geschmack eines Lebensmittels beschreiben zu können. Bekannt sind die Geschmacksrichtungen süß, sauer, salzig, bitter und umami (würzig, wohlschmeckend). Eventuell gibt es eine sechste Geschmacksrichtung: „fettig“. Es bedarf jedoch noch weiterer Forschung, bevor diese als eigenständige Geschmacksqualität des Menschen bezeichnet werden kann. Zur Beschreibung eines Geschmacks im Alltag können auch Worte wie fruchtig, sahnig, mild, pikant, würzig, herb, trocken, wässrig, süßlich etc. eingesetzt werden.
„Essen ist ein Bedürfnis, Genießen ist eine Kunst“
Francois de La Rochefoucauld
Neben der bewussten Geschmackswahrnehmung zeichnet sich genussvolles Essen auch durch Zeit, Gefühle und entspannte Atmosphäre aus. So fördert langsames Essen, inklusive Pausen, den Genuss und das bewusste Wahrnehmen von Körperempfindungen, wie Hunger, Durst oder Sättigung.
Mahlzeiten, die in Gemeinschaft und ohne Ablenkungen eingenommen werden, erhöhen den Genusswert der Speisen. Fernsehen, Smartphone, Tageszeitung oder auch Spielzeug gehören daher nicht an den Esstisch. Eine positive Atmosphäre am Tisch trägt dazu bei, dass ein bestimmter Geschmack auch mit einem angenehmen Gefühl verbunden werden kann.
Mit Freude und Genuss ausgewogenen zu essen und zu trinken ist manchmal leichter gesagt als getan. Bewusstes essen muss häufig erst wieder erlernt werden. Die Kunst hierbei ist, die Balance zu finden, denn Genießen sollte nicht mit Völlerei verwechselt werden.
Im Gegenteil: Genuss bewahrt vor Maßlosigkeit, weil man bewusster, aufmerksamer und mit allen Sinnen isst. Das bezieht sich auch nicht nur auf das achtsame Essen von Süßigkeiten und Co, sondern kann bei allen Lebensmitteln und Speisen erfolgen.
Sinnliche Gesundheitsförderung
Gesundheit wird nicht nur als körperliches, sondern auch als seelisches und soziales Wohlbefinden verstanden und dafür spielt genießen können eine zentrale Rolle.
Da Genuss auch durch Selbstkontrolle und Begrenzung gekennzeichnet ist, wird eigenverantwortlich Einfluss auf das Essverhalten und Wohlbefinden genommen.
Ein achtsamer Umgang mit sich selbst ist ein wichtiger Baustein für ein Essverhalten mit gutem Gewissen.
Demnach kann die Förderung der Genussfähigkeit auch bei der Veränderung des Essverhaltens oder der Prävention von Essstörungen unterstützen.
Genuss sollte daher Bestandteil des Alltags sein, denn er kann eine wichtige Ressource für die Gesundheit darstellen.
Tipps für mehr Genuss im Alltag (nach Lutz und Sundheim 2002)
Nehmen Sie sich Zeit. | Genuss benötigt Zeit, also planen Sie diese gezielt ein. |
Genuss ist erlaubt. | Hemmungen, Angst- oder Schuldgefühle sollten durch Erlauben ersetzt werden, damit Genuss auf gesunde Art und Weise erlebt werden kann. |
Genießen geht nicht nebenbei. | Konzentrieren Sie sich auf das Essen, indem Sie genussstörende Reize, wie den Fernseher, ausschalten. |
Weniger ist mehr. | Quantität ist nicht Qualität – genießen Sie daher kleine Portionen ganz bewusst. Beschränken Sie sich auch zeitweise in Ihrem Genusserleben, so kann dieses auch wieder gesteigert werden. |
Genuss ist individuell. | Wählen Sie Speisen nach Ihren Präferenzen aus und hören Sie dabei auf Ihren Körper. |
Genuss braucht Erfahrung. | Üben Sie das bewusste Essen, um Genusserlebnisse einordnen, bewerten und differenziert wahrnehmen zu können. |
Genießen Sie jeden Tag. | Warten Sie nicht auf besondere Gelegenheiten, sondern nehmen Sie alltägliche Genussmomente wahr. |
Bewusst Essen üben
Nehmen Sie eine Rosine, Mandel o.ä. in die Hand und…
- BEOBACHTEN: Halten Sie sie zwischen den Fingern und schenken Sie ihr die volle Aufmerksamkeit. Welche Falten, Schatten und Farben sehen Sie auf der Oberfläche?
- BERÜHREN: Drehen und wende Sie die Rosine oder Mandel und erkunden Sie ihre Textur. Drücken Sie drauf und spüren Sie den Widerstand. Sie können auch die Augen schließen – das hilft, um sich besser zu konzentrieren.
- ERINNERN: Welche Bedeutung oder Erinnerungen verbinden Sie mit Rosinen oder Mandeln? Mögen Sie sie oder nicht, und warum?
- RIECHEN: Halten Sie sie unter Ihre Nase. Nehmen Sie ihr Aroma wahr und spüren Sie, was es mit Ihnen, Ihrem Mund und Bauch macht.
- SCHMECKEN: Legen Sie sie ohne zu kauen auf Ihre Zunge und fühlen Sie, wie sich das anfühlt.
- KAUEN: Schenken Sie dem Geschmack und der Textur Ihre volle Aufmerksamkeit und beobachten Sie, was sich mit der Zeit verändert. Wenn Sie bereit sind, schlucken Sie sie herunter.
- ERNEUT SCHMECKEN: Welchen Nachgeschmack hinterlässt die Rosine/ die Mandel in Ihrem Mund? Nehmen Sie Ihren Körper als Ganzes wahr, mit allen Sinnen.
Zum Thema siehe auch:
- „Schmexperten“
- IN FORM-Projekt „Der Ernährungsführerschein“
- IN FORM-Projekt „Gut Essen macht Spaß – Mehr gesundheitliche Chancengleichheit im Quartier“
Fotos 1,2,3: peb gGmbH, Foto 4: unsplash.com (lizenzfrei).